Kostenfaktoren im Stahlbau – was kostet ein Kg Stahlbau 2023?

Was sind typische Preise für einen Kilogramm Stahlbau? Was sind die Kostenfaktoren und welchen Einfluss hat der Fertigungsstandort eines Lohnfertigers auf die Preise von geschweißten Stahlkonstruktionen und Stahlbauteilen?

Diese Fragen sind für Einkäufer von Maschinen- und Anlagenbauunternehmen essenziell beim Aufbau Ihrer Lieferkette. Die Antwort darauf ist höchst individuell und hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab.

Wir zeigen Ihnen, wann sich Low Cost Country Sourcing lohnt, um von Standortvorteilen zu profitieren und wie man zu einem aussagekräftigen Preisvergleich für Stahlkonstruktionen kommt.

Was sind die wichtigsten Kostenfaktoren im Stahlbau?

Vereinfacht setzen sich die Produzentenpreise für Stahlbau ab Werk vorwiegend aus vier Kostenfaktoren zusammen:

  • Materialkosten (Kosten für Rohmaterial wie Platten, Träger, Stahlprofile oder Rohre, sowie Hilfsstoffe wie Schweißelektroden oder Schleifscheiben)
  • Lohnkosten (Arbeitskosten für das Zuschneiden, Schweißen, Rüsten, Konservieren und die Montage der Teile)
  • Administrationskosten und Gewinn (Gebäudekosten, Qualitätssicherung, Vertrieb, Lohnverrechnung, Vertriebskosten, Abgaben etc.)
  • Externe Kosten (Verzinken, Pulverbeschichten, sonstige Oberflächen- oder Wärmebehandlung)

Darüber hinaus muss der Einkauf noch die internen Aufwände für die Lieferantenbetreuung vor Ort, sowie die Lieferkosten in Betracht ziehen, um zu einem aussagekräftigen Gesamtkostenvergleich zu gelangen.

Stahlpreise und Materialkosten

Die Stahlpreise waren in der Vergangenheit relativ konstant und homogen. Seit Ausbruch der Corona Pandemie hat sich das aber geändert und die Preise sind extrem volatil. Mit Beginn des Ukrainekonflikts hat sich die Unsicherheit noch weiter verstärkt.

Seither spielt die Materialbeschaffung eine entscheidende Rolle. Lieferanten mit günstigen Bezugsquellen, z.B. Stahlbaufirmen aus der Türkei, haben entscheidende Standortvorteile.

Einfluss haben hier auch die Transportkosten und die Materialverfügbarkeit, so dass Fertigungsunternehmen im Nahbereich von günstigen Stahlerzeugern oder Händlern leichte Kostenvorteile haben. Seltene Materialqualitäten oder Rohmaterialien sind oftmals in kleineren Ländern teurer. Bei grobem Stahlbau mit hohen Wanddicken und wenigen Bearbeitungsschritten, haben die Materialkosten größeren Einfluss als bei leichtem Stahlbau mit dünnen Blechstärken und komplexeren Strukturen.

Das Bauteilgewicht spielt hier eine geringere Rolle und trägt weniger zu den Gesamtkosten bei. Je weniger standardisiert die verwendeten Halbzeuge wie Bleche, Profile oder Rohre sind, desto mehr kommt es auch bei leichtem Stahlbau auf die Bezugsquellen der Lieferanten an.

Aktuelle Entwicklung der Stahlpreise

Hier finden Sie einen ausführlichen Artikel zur aktuellen Stahlpreisentwicklung.

Aktuell (08/2023) liegt in Europa der Stahlpreis  an der Londoner Rohstoffbörse LME bei ca. 700€ pro Tonne (1.000 kg).

Handelsübliche Bleche, Stahlträger und Profile kosten bei Abnahme großer Mengen ca. 1.ooo€ pro Tonne (1.000 kg). Kleinmengen im Stahlhandel und besondere Materialgüten sind entsprechend teurer. Es gibt auch regional große Unterschiede.

Die hohe Volatilität der Stahlpreise bereitet vielen Unternehmen Schwierigkeiten. Mit Preisgleitklauseln oder Derivaten können sie sich gegen die Marktrisiken absichern.

Energie und die Hilfsstoffe

Die Energiepreise für die Industrie in Europa variieren um bis zu 100%. Im Gegensatz zur Stahlerzeugung und -verarbeitung, haben die Energiekosten bei der Herstellung von Stahlkonstruktionen aber nur geringen Einfluss.

Hilfsstoffe wie technische Gase oder Schweißelektroden sind in allen Industrienationen zu ähnlichen Preisen zu beziehen und wirken sich kaum auf den Endpreis einer Stahlkonstruktion aus.

Lohnkosten

Ganz anders sieht es hingegen bei den Lohnkosten aus. Die Lohnkosten sind bei der Herstellung von Stahlbauteilen wie Schweißkonstruktionen der entscheidende Kostenfaktor. Vor allem bei komplexen Stahlbauteilen mit vielen Bearbeitungsschritten tragen die Lohnkosten überproportional zum Endpreis bei. Diese Aussage trifft allerdings nur auf Bauteile mit vielen manuellen Arbeitsschritten zu. Bei Aufträgen mit hoher maschineller Wertschöpfungstiefe wie z.B. bei der Serienfertigung von Stanzteilen, Zuschnitten oder beim CNC Biegen, verlieren die Lohnkosten an Einfluss und andere Kosten, vor allem Transportkosten gewinnen mehr an Gewicht.

Laut Eurostat betrugen die Kosten für eine Arbeitsstunde in der Industrie im Jahr 2019 in Deutschland 41,20€, in Rumänien hingegen nur 6,90€. Die weiteren Lohnkosten einiger wichtiger Industriestandorte der EU können Sie nachfolgender Tabelle entnehmen:

Land €/h
Deutschland 41,20
Österreich 38,90
Italien 28,80
EU (28 Länder) 28,20
Slowenien 19,20
Slowakei 13,10
Tschechische Republik 13,60
Kroatien 10,50
Polen 10,50
Ungarn 10,80
Rumänien 6,90
Bulgarien 5,70

Bei diesen Angaben handelt es sich um durchschnittliche Löhne in der Industrie. Schlüsselarbeitskräfte wie zertifizierte Schweißer sind international sehr gefragt und deshalb auch in Niedriglohnländern deutlich teurer.

Die Schweiz ist in dieser Tabelle nicht angeführt. 2012 lagen die Lohnkosten in der Industrie lt. statistischem Lexikon der Schweiz bereits über 50€ je Stunde. Aus diesem Grund haben die Lohnkosten in der Schweiz überdurchschnittlich hohen Einfluss auf die Stahlbaupreise.

Administrationskosten und Unternehmensgewinn

Diese Kosten beinhalten neben dem Unternehmensgewinn die Aufwände für Gebäude und Maschinen sowie Personal, das nicht direkt einem Auftrag zugeordnet werden kann.

Bei der Kalkulation in Stahlbaubetrieben werden in der Regel erst alle direkten Kosten, vorwiegend Material und Arbeitszeit, erfasst und dann mit einem Faktor für die Administrationskosten und den Unternehmensgewinn multipliziert.

Externe Kosten

Je nach Anforderung beeinflussen noch externe Kosten die Kalkulation. Am häufigsten sind hier die Kosten für das Verzinken der Stahlkonstruktionen zu nennen. Lackieren wird von den meisten Stahlbau Lieferanten intern durchgeführt, einige lagern das aber auch bewusst aus. Im Gegensatz zum Verzinken, sind die Kosten für das Lackieren stark von den Lohnkosten abhängig. Während Lackieren in Billiglohnländern deutlich günstiger ist, gibt es beim Verzinken keine nennenswerten Unterschiede zwischen den Ländern.

Sehr häufig fallen bei Schweißkonstruktionen auch externe Kosten für das Spannungsarmglühen an. Zu den eigentlichen Kosten für die externe Dienstleistung kommen jeweils noch die Kosten für die Transporte hinzu.

Indirekte Kosten

Sehr schwer zu erfassen sind Kosten die nicht direkt auf der Projektabrechnung sichtbar sind (hidden cost). Gerade bei Stahlbauteilen sind diese aber sehr wichtig. Im Gegensatz zu Kaufteilen, gibt es bei auftragsbezogenen Fertigungsteilen mehr Klärungsbedarf. Je länger ein Kunde mit einem Lieferanten zusammenarbeitet, desto einfacher wird die Abwicklung der Projekte.

Darüber hinaus gibt es speziell bei Stahlbau noch weitere Kosten zu berücksichtigen:

  • Transportkosten
  • Beim Import aus nicht EU Ländern fallen Gebühren für die Verzollung der Ware an. Beim Import von Stahlbau aus EUR1 Ländern fallen keine Zölle an, aber die Einfuhr ist beim Zoll zu melden. Details zum Import von Stahlbau aus EUR1 Ländern finden Sie in diesem Artikel.
  • Interne Kosten für die Lieferantenbetreuung
    • Qualitätssicherung
    • Gegebenenfalls Kosten für die Übersetzung der Konstruktionsunterlagen, Verträge und Abnahmeprotokolle
    • Reisekosten und Telekommunikationskosten
  • Nacharbeitskosten
  • Kosten für kurzfristig benötigte Teile
  • Kosten durch Verzug (Pönalen, Nachlieferungen, etc.)

Wie ist die Kostenverteilung im Stahlbau?

Die Aufteilung dieser Kosten hängt maßgeblich von der Komplexität und der Art der Stahlbauteile, sowie dem Fertigungsstandort ab.

Im EU- Mittel kann man je nach Art der Stahlbauteile von einer Aufteilung von ca. 30% Lohnkosten, 50% Materialkosten und 20% Administrations- und sonstige Kosten ausgehen.

Achtung: Diese Kostenaufteilung hängt sehr stark von den jeweiligen Produkten bzw. der Art der Stahlkonstruktionen ab. Bei einfachen, groben Strukturen ist der Materialkostenanteil höher und der Anteil der Personalkosten niedriger. Bei komplexen Bauteilen in Einzelfertigung ist der Lohnkostenanteil höher. Bei Unternehmen mit hohem Automatisierungsgrad verringern sich ebenfalls die Lohnkosten zu Gunsten der sonstigen Kosten in Form von Abschreibungen für den Maschinenpark.

Die Kostenaufteilung hängt auch vom Fertigungstandort ab. In Hochlohnländern ist der Anteil der Materialkosten geringer und der Lohnkostenanteil höher.

Beispiel: Kosten einer unlackierten geschweißten Stahlkonstruktion

Für eine mittlere Baustahlkonstruktion aus handelsüblichen Stahlplatten und Stahlträgern (Blechdicke 5-10mm, Schneiden, Abkanten, Schweißen) ergeben sich somit im EU-Durchschnitt folgende Kosten je kg:

  • Materialkosten inklusive Verschnitt und Anlieferkosten: € 1,50/kg
  • Lohnkosten: € 0,90/kg
  • Administration und Gewinn: € 0,60/kg

Daraus ergibt sich ein Gesamtpreis von ca. 3,00€ je kg geschweißter Baustahlkonstruktion im EU-Durchschnitt.

Kostenvergleich nach Erzeugerländern

Nimmt man statt dem EU-Durchschnitt die Lohnkosten für andere Fertigungsstandorte als Maßstab ergibt sich folgender Kostenvergleich für geschweißte Stahlkonstruktionen:

EU-28 Deutschland Polen Ungarn Rumänien
Lohnkosten je Arbeitsstunde

€/h

25,40 41,20 10,50 10,80

6,90

Materialkosten inkl. Anlieferung und Verschnitt

€/kg

1,50 1,50 1,50 1,50

1,50

Lohnkosten

€/kg

0,90 1,46 0,37 0,38

0,24

Administrationskosten

€/kg

0,60 0,80 0,45 0,45

0,40

 Gesamtkosten  €/kg 3,00 3,76 2,32 2,33

2,14

Wählt man nun als Fertigungsstandort Polen statt Deutschland, so lassen sich je kg Stahlkonstruktion 1,44€ einsparen. Die Fertigungskosten für Stahlbau aus Polen sind somit ca. 40% günstiger als in Deutschland. In Rumänien wären sogar höhere Einsparungen möglich.

Sehr günstige Fertigungsstandorte sind auch die Westbalkanländer und die Türkei. Hier sind durch die Kombination aus günstigen Materialkosten und niedrigen Lohnkosten sehr attraktive Konditionen möglich. Diese Länder sind eng mit der europäischen Wirtschaft verbunden und liegen geographisch nahe. Der Import von Stahlbau aus den Westbalkanländern und der Türkei ist zollfrei, die Einfuhr der Ware muss jedoch angemeldet werden. Der Aufwand und die Kosten dafür sind sehr aber gering und werden in im oben verlinkten Artikel beschrieben.

Kosten pro Kilogramm für Stahlbau im Jahr 2023

Die Kosten für Stahlbau werden oft auf das Gewicht bezogen. Vor allem bei Stahlbau für Hallen und Gebäude oder bei Stahlbau für den Anlagenbau werden meist Kilopreise angegeben. Bei größeren Projekten hat der Käufer zum Zeitpunkt der Bestellung ein theoretisches Gewicht für das jeweilige Bauteil errechnet. Darauf basierend erstellt der Stahlbaulieferant dann ein Angebot. Nach der Fertigung wird die Konstruktion gewogen und nach dem tatsächlichen Gewicht abgerechnet.

Die Kosten pro Kg Stahlkonstruktion werden auch gerne für Kostenvergleiche und Rahmenvereinbarungen herangezogen. Damit diese Vergleichbar sind, muss allerdings die Komplexität des Stahlbaus, die Oberflächenbeschichtung und die Abnahmemenge sehr ähnlich sein.

Preisbeispiele für Stahlbau je Kilogramm 2022

Die nachfolgenden Preise sind Erfahrungswerte aus dem B2B Umfeld und dienen nur als Richtwerte. Die Preise für projektbezogene Stahlbauteile sind immer individuell zu bestimmen. Gerne können wir kostenlos und unverbindlich ein Angebot für Ihren Stahlbau vermitteln.

Art des Stahlbaus Preis pro Kg Stahlbau in €/kg, Stand August 2023
Stahlbau für Gebäude und Hallen aus Profilen, lackiert, ab 10t 2,00 – 4,00
Stahlbau für Gebäude und Hallen aus Profilen, verzinkt, ab 10t 2,30 – 4,50
Stahlbau für Arbeits- und Wartungsbühnen mit Geländern und Rosten 2,50 – 5,50
Maschinenrahmen ohne Fräsbearbeitung lackiert 3,50 – 6,00
Maschinenrahmen mit Fräsbearbeitung lackiert ab ca. 10t 3,50 – 10,00
Gehäuse aus Grobblechen lackiert 3,00 – 6,00

Wann lohnt sich Low Cost Country Sourcing für Stahlbauteile?

Ob sich Low Cost Country Sourcing von Stahlbauteilen im individuellen Fall für den Einkauf nun lohnt oder nicht, lässt sich nicht pauschal beurteilen, sondern hängt unter anderem von folgenden Faktoren ab:

Beschaffenheit der Stahlbauteile

Je komplexer ein Bauteil ist, desto schwieriger ist es, den Lieferanten auf große Distanz zu entwickeln. Nachdem die Lohnkosten der entscheidende Faktor sind, ist das ideale Bauteil mit viel Handarbeit verbunden. Ist der maschinelle Anteil sehr groß, sind auch weniger Preisvorteile zu erwarten. In diesem Fall kommt es dann eher noch zu Preisunterschieden aufgrund von Förderungen oder unterschiedlicher Finanzierung der Produktionsanlagen.

Bezugsdauer und Auftragsvolumen

Für Einmalbedarfe ist es vergleichsweise aufwendig einen neuen Lieferanten zu entwickeln. Sofern es sich nicht um sehr einfache Bauteile, oder große Einzelprojekte handelt, ist Low Cost Country Sourcing in diesem Fall oft zu kompliziert. Bei wiederkehrenden Bestellungen und entsprechendem Einkaufsvolumen lohnt sich der Schritt ins Ausland dann auch bei komplexeren Aufträgen.

Voraussetzungen für erfolgreiches Low Cost Country Sourcing

Damit Low Cost Country Sourcing auch zum Erfolg wird, müssen auch intern im Unternehmen die Weichen dafür gestellt werden und es muss geklärt werden, ob das Unternehmen die notwendigen Voraussetzungen erfüllt.

Hat das Unternehmen die nötigen Ressourcen und notwendige Kompetenz, den richtigen Lieferanten zu finden und zu entwickeln? Es gibt unzählige Stahlbaufirmen, aber welche kann wirklich die Anforderungen erfüllen? Die Suche nach dem richtigen Stahlbaulieferanten gleicht oft der Suche nach der Nadel im Heuhaufen und verschlingt oft mehr Zeit als gedacht.

Viele Male wartet man vergebens auf Angebote. Bekommt man sie dann entsprechen oft der Preis, die Lieferzeit oder die Verfügbarkeit nicht den ursprünglichen Vorstellungen. Viele Projekte sind einzigartig und auch die vielen Stahlbaulieferanten haben individuelle Stärken und Schwächen. Diese herauszufinden und den richtigen Partner für die richtige Anfrage zu finden hat Jactio.com sich zum Ziel gesetzt.

Mehr Informationen und Updates zu Kosten im Stahlbau - Abonnieren Sie unseren Newsletter!

* erforderlich
Einwilligung

Über den Autor

  • Andreas Janisch

    Founder

    Andreas Janisch, founder of Jactio.com, is an industrial engineer with more than 15 years of experience in mechanical engineering, plant construction and construction....

    Profil ansehen

Zuletzt überarbeitet am 25. August 2023 von Andreas Janisch